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Illegales Autorennen mit fatalen Folgen

SH195481_20220425115552 • 28. April 2023

Illegales Autorennen mit fatalen Folgen

BGH, Urteil vom 16. Februar 2023 – 4 StR 211/22 –, juris


An Ostern 2019 liefern sich zwei Männer ein illegales Autorennen in einem Wohngebiet. Eine daran unbeteiligte Frau kommt ums Leben. Zweimal schon war der Fall am BGH, doch damit ist noch nicht Schluss.


Am Ostermontag 2019 hatten sich zwei Männer gegen 22.00 Uhr mit PS-starken Autos (Mercedes AMG E63 S mit 612 PS  und Range Rover Sport mit einer Motorleistung von 528 PS)  in einem Wohngebiet ein illegales Rennen geliefert. Dabei beschleunigte der Angeklagte Mercedesfahrer auf der Gegenfahrspur in einem Wohngebiet binnen Sekunden auf mehr als 160 km/h – und der Range Rover auf ca. 130 km/h auf seiner Fahrspur. Als eine 43 Jahre alte Frau etwa 100 Meter weiter vorn in ihrem Kleinwagen aus einer Nebenstraße von links einbog, konnte der Angeklagte nicht mehr stoppen oder ausweichen. Die Frau erlitt beim Aufprall tödliche Verletzungen.


So gut wie unverletzt floh der Verursacher, der es nie durch die theoretische Führerscheinprüfung geschafft hatte, von der Unfallstelle und tauchte unter. Erst eine Woche später stellte er sich der Polizei, als bereits eine öffentliche Fahndung lief. Das LG Kleve verurteilte den damals 22-Jährigen 2020 wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.


Dieses Urteil hob der BGH auf, weil der Tötungsvorsatz durch das Landgericht nicht gut genug begründet war. Denn die Raser waren auf einer Vorfahrtsstraße unterwegs gewesen. Es war deshalb nicht ganz auszuschließen, dass der Angeklagte darauf vertraute, dass querende Autos  trotz der hohen Geschwindigkeit anhalten würden.


Im zweiten Anlauf verhängte das LG vier Jahre Haft wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge. In subjektiver Hinsicht gelang das LG Kleve zur Überzeugung, dass der Angeklagte mit bedingtem Gefährdungsvorsatz, nicht aber mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Dagegen gingen Staatsanwaltschaft und die Familie des Opfers jetzt am BGH vor. Sie wollen erreichen, dass der Mann wieder wegen Mordes verurteilt wird.


Der vierte Strafsenat am BGH hat auch das zweite Urteil des LG nun mit den Feststellungen zur inneren Tatseite aufgehoben. Die Beweiserwägungen, mit denen das LG die Annahme des bedingten Tötungsvorsatzes abgelehnt hat, seien nicht mit den Erwägungen vereinbar, mit denen es bedingten Gefährdungsvorsatz im Sinne des § 315d Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) begründet hat. 


Der BGH bemängelte, dass das LG einerseits annahm, dass der Angeklagte nicht ausschließbar darauf vertraut habe, dass eine Kollision mit anderen Fahrzeugen ausbleiben werde, weil diese "grundsätzlich, wenn auch eingeschränkt" in der Lage sein würden, sein äußerst riskantes Fahrverhalten zu erkennen und sich auf die hieraus ergebende Gefahrenlage einzustellen. Bei der Annahme des bedingten Gefährdungsvorsatzes habe das LG andererseits ausgeführt, dass der Angeklagte mit einer Kollision mit Verkehrsteilnehmern gerechnet habe. "Diese nicht widerspruchsfrei miteinander vereinbaren Beweiserwägungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten begründeten einen Rechtsfehler, der sich zu Ungunsten und zu Gunsten des Angeklagten auswirkte und die Urteilsaufhebung mit den Feststellungen zur subjektiven Tatseite nach sich zog", so der BGH in einer Mitteilung.


Die Feststellungen zum äußeren Sachverhalt können laut BGH dagegen bestehen bleiben. Den zweiten Raser, der nicht direkt an dem Unfall beteiligt war, hatte das LG zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.


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